Volksvertreter ohne Volk – Massenmedien ohne Massen?

Ein Einwurf von Mathias Wieland

Guttenberg ist weg! Das Ergebnis der vergangenen Tage ist klar und unumstößlich.

Die Sieger schütteln sich die Hände: Opposition und Medien freuen sich nahezu ausnahmslos. Sie jubilieren noch mit der moralischen Keule in der Hand und intonieren: „Wir haben es doch immer gesagt! Der muss weg! Lügner und Trickser haben in der Politik nichts zu suchen!“

Doch verloren hat in erster Linie weder die CDU/CSU, noch die Bundeskanzlerin, noch Karl-Theodor zu Guttenberg – verloren hat die Demokratie!

Ein junger, talentierter und charismatischer Mensch wurde auf dem Schafott der medialen und politischen Neider geradezu hingerichtet. Hatte er denn wirklich eine Chance zu überleben? Wohl nicht!

Politische „Freunde“ und Medienvertreter handelten getreu dem Motto: „Es darf nicht sein, was nicht sein kann.“ Zu Guttenberg war und ist beliebt – beliebter als alle anderen Mitglieder der politischen Kaste. Trotz aller Bemühungen gelang es weder Parteistrategen, noch den Vertretern der Massenmedien diesen Zustand nachhaltig zu verändern. Guttenberg begeisterte, Guttenberg polarisierte, Guttenberg zog Menschen in seinen Bann: Er tat der Demokratie parteiübergreifend gut, weil er den Menschen wieder ein neues, positiveres Bild von Politik vermitteln konnte.

Jetzt ist Karl-Theodor zu Guttenberg weg – und mit ihm viel Vertrauen und Glauben der Menschen darin, das Politik und Politiker ja doch „ganz anders“ sein können.

Jetzt Jubelhymnen ob des scheinbaren Erfolges anzustimmen, das ist das Fatalste, was Parteien und Medien passieren kann. Denn eines haben die dort Tätigen offensichtlich komplett ausgeblendet: Die Volksvertreter haben ohne Volk auf zu Guttenberg geschossen und die Massenmedien haben ohne Massen zu Guttenberg niedergemacht.

In allen Umfragen war zu Guttenberg stets der beliebteste Politiker – auch nach dem Bekanntwerden der Plagiatsaffäre. Immer wieder widersprachen „repräsentativ ausgewählte Bürger“ dem Wunsch der Medien, dass zu Guttenberg endlich gehen muss. In der Social Community Facebook zählt die Gruppe „Gegen die Jagd auf Karl-Theodor zu Guttenberg“ zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrages fast 360.000 Mitglieder. Etwa ebenso viele Facebooker bekennen sich zu der Gruppe „Wir wollen Guttenberg zurück“ und das nach nur einem Tag. Und während in anderen Staaten via Internet Regierungen zu Fall gebracht werden, rufen aktuell Pro-Guttenberg-Networker zu Demonstrationen für den ehemaligen Verteidigungsminister in Hamburg und weiteren großen Städten auf. Der STERN spricht mittlerweile gar von einer „konservativen APO“ und die WELT meint gar, dass zu Guttenberg via Facebook zum Märtyrer wird.

Kein Unternehmen würde ein Topprodukt komplett aus dem Regal nehmen lassen. Die deutsche Politik leistet sich eben dies und erhielt dabei nahezu sklavengleiche Unterstützung seitens Moral-motivierter Journalisten, die den Kopf ihres Opfers nun auch auf dem Pfahl aufgespießt sehen wollten. Der öffentliche Pranger und Bußgang reichte ihnen nicht. Verpackt wird all dies unter dem Mantel der „verlorenen Glaubwürdigkeit“ – die FAZ  kommentiert, dass zu Guttenberg an seinen eigenen Maßstäben gescheitert sei. Maßstäbe, die aber komischerweise nur “Wissenschaftler” und Medien, aber das Volk offensichtlich gar nicht an ihn legte.

Und so haben Politiker wie Medienvertreter in ihrem blinden Tun eines aus den Augen verloren: ihre Kunden!

Die Mehrheit der Kunden – sprich Wähler bzw. Medienkonsumenten – hatten die Entschuldigung des Ministers offenbar schon längst angenommen. Sein missliches Handeln in der Vergangenheit durfte nicht frei von Folgen bleiben – und mit der Aberkennung des Titels und dem öffentlichen Canossagang blieb es dies ja auch nicht. Aber für die Mehrheit der Bevölkerung war es nun auch gut. Sie wollten zu Guttenberg eine zweite Chance geben und ihn zurück an die Arbeit schicken. Doch was nicht sein darf, das darf eben nicht sein, bestimmten die Gegner zu Guttenbergs und zermürbten ihn bis zur Aufgabe. Eine Volksmeinung, die in der Medienwelt offensichtlich allein die BILD nachvollziehen und vertreten kann.

Und so dürfte dieser Scheinerfolg sich bald schon zur Niederlage für die Demokratie entwickeln. Denn im Fazit gilt schließlich ein lang schon bekanntes betriebswirtschaftliches Gesetz: Wenn Du Erfolg haben willst, handle als Unternehmen nie an Deinen Kunden vorbei! Der “Kunde” aber entfernt und entfremdet sich immer mehr von der Politik und wie sie vetreten wird. Dies stellt eine nicht zu unterschätzende Gefahr für die gesellschaftliche Ordnung dar.

Dieses Gesetz haben Parteistrategen jedoch kurzsichtig missachtet. Jedes Unternehmen wäre froh, wenn seine Branche ein solch positives Aushängeschild hätte. Denn eine starke Marke strahlt auch immer auf die ähnlichen Produkte der Mitbewerber ab. Zu Guttenberg war ein positiver Mittler des Themas Politik – parteiübergreifend. Er konnte seine „Kunden“ motivieren, sich zunächst einmal grundsätzlich dem Thema wieder zu öffnen. Er sorgte für offene Ohren. Heute sorgt er sogar dafür, dass Menschen ihre Zeit und Engagement dafür einsetzen, dass sein Ruf wieder hergestellt wird und ihr Idol nicht vom Markt verschwindet. Das bekommen derzeit viele politische Ex-Kollegen hautnah zu spüren, wie die TAGESSCHAU online berichtet. Darüber würde jeder Marketing-Profi sich maßlos freuen – doch die deutsche Politik geht ohne Analyse zur Tagesordnung über. Positiver Kundendialog sieht auf jeden Fall anders aus!

Und so wird wohl viel „graues Mittelmaß“ – wie Kai Diekmann in der BILD kommentiert – weiterhin Politik für Deutschland machen und die Medien werden bald schon wieder fragen, warum sich keine Eliten in Deutschland politisch engagieren. Und schon bald werden nicht nur fast 700.000 Facebook-Nutzer dem bayerischen Freiherrn die eine oder andere Träne hinterherweinen. Wetten, dass…..???

Beteiligen Sie sich an unserer Blitzumfrage: Soll zu Guttenberg eine neue Chance bekommen? Voten Sie in der rechten Spalte. Vielen Dank fürs kommentieren und mitmachen!

10 Kommentare
  1. Sascha
    Sascha sagte:

    Sollte tatsächlich ein Großteil der Bevölkerung dem achso charismatischen Ex-Politiker Guttenberg nachtrauern, dann ist sein Rückgang meiner Meinung nach sogar gut für die Demokratie.

    Denn, so scheint es, war Guttenberg vorallem wegen seinem Charisma, wegen seinem Auftreten, seinem Adelstitel, seiner Schönheit, seiner tollen Frau, …. , also seiner Person beliebt.

    Kaum jemand hat bisher stichhaltig argumentiert, dass er als Politiker eine gute Arbeit geleistet hat, ausführliche Kritik seiner Arbeit gibt es dagegen genügend.

    Wenn ein Politiker dann dennoch wie ein Popstar gefeiert wird, und sein Rücktritt in der Bevölkerung ähnlich wirkt, wie damals das Auflösen von Take That, dann zeigt sich doch, dass die meisten Menschen die hinter ihm stehen sich doch garnicht wirklich für Politik interessiert haben.

    All die Menschen die jetzt ihm nachtrauern, aber keine Ahnung von Politik haben da sie nicht mal eine gute Arbeit Guttenbergs nennen können, mussten unbedingt wieder auf den Boden der Tatsache zurück geholt werden.

    Sonst lassen sie sich das nächste Mal von einer ähnlichen schillerenden Figur wie zu Guttenberg beeindrucken, welcher dann aber nicht den Anstand und das Verantwortungsgefühl wie eben dieser besitzt und das haltlose und unbegründete Vertrauen in seine Person schamloß ausnutzt.

    Ich bin mir sicher, dass Guttenberg da keine Gefahr darstellt, aber es gibt m.M.n genügend andere Politiker, die so etwas ausnützen würden.

    Ich hoffe, dass jetzt nach Guttenbergs Rücktritt wieder “Normalität” in die Bewertung von Politikern zurück kommt, man genauer hinschaut was Politiker sagen und was sie tatsächlich machen, auf dass auch bei anderen Parteien erschlichene Doktorarbeiten und ähnliche Missstände aufgeklärt werden und sich so ehrliches Vertrauen in die Demokratie bildet, denn nachhaltig und stabil ist das blinde Vertrauen in zuGuttenberg nie gewesen.

    • Rolf Lohrmann
      Rolf Lohrmann sagte:

      @Sascha: Unabhängig davon, ob man die politischen Auffassungen von zu Guttenberg teilt, nimmt die Bevölkerung in nie da gewesenem Maße Anteil an seinem politischen Schicksal. Dies zu ignorieren, führt zu einer weiteren Entfremdung zwischen politischer Klasse und Bürgern/Wählern. Wenn, wie gerade geschehen, 500.000 Menschen in nicht mal 48 Stunden ihre Solidarität mit Guttenberg auf Facebook bekunden, ist dies ein über deutliches Signal an die politische Führung. Die Menschen scheinen Guttenberg seinen – mehrere Jahre in der Vergangenheit liegenden – Fehler zu verzeihen, da er für sie nach wie vor für Klarheit steht. Man denke hier nur an seine Äußerungen zu den wirtschaftlichen Hilfen für Opel wie auch an seine recht deutliche Bezeichnung des Afghanistan-Einsatzes als Krieg. Auch in “seiner Truppe” ist er extrem beliebt, da er zig Mal vor Ort war und Solidarität zeigte. Und letztlich spricht er eine klare und verständliche Sprache, die die Bevölkerung versteht. Wie gesagt, man muss die politischen Positionen Guttenbergs nicht teilen und kann mit guten Gründen seinen Rücktritt für richtig halten, aber die Heuchelei aus dem Oppositionslager und vielen Medien, die ihn noch vor Kurzem in den Olymp geschrieben haben und jetzt kreuzigen wollen, führt in der Bevölkerung offenbar zu einem nie gekannten Solidaritätsverhalten ungeheuren Ausmaßes. Es bleibt spannend zu sehen, wie es weiter gehen wird.

  2. Sascha
    Sascha sagte:

    Das natürlich die Opposition unglaublich heuchlerisch vorgeht und trotz unzähliger eigener Verfehlungen empört auftritt und mit ausgestrecktem Zeigefinger auf Guttenberg’s Fehler hindeutet ist natürlich unangemessen und sehr heuchlerisch.

    Aber auch typisch für unsere Politik, ist schon tausend mal geschehen (bei ALLEN Parteien) und wird wohl auch weiterhin passieren, solange das Volk zu doof ist, dieses Schauspiel zu hinterfragen.

    Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass Guttenbergs Rücktritt notwendig war, nicht wegen seiner Dissertation selbst, aber wegen seinem Umgang mit der Affäre:

    Ein Minister kann doch nicht erst alle Vorwürfe als abstrus abstreiten und dann, immer schön scheibchenweise, die Dinge “zugeben” die sowieso nicht mehr zu leugnen sind.

    Bis heute hat er nicht zugegeben, dass er wissendlich gefälscht hat, was ja mittlerweile auch die Uni Bayreuth im vorwirft.

    Ich gehe tatsächlich fest davon aus, dass er in freien Stücken und mit Absicht in der Diss. abgeschrieben hat, denn die einzig sinnvolle Alternative dazu wäre, dass er so unfähig ist, zu merken, dass er Seitenweise Artikel anderer Personen unbearbeitet (bzw. minimal bearbeitet) in der Diss. hat.

    Denn bisher hielt und halte ich ihn auch heute noch für einen überaus intelligenten Menschen, somit fällt diese Erklärung weg und es bleibt die Täuschungsabsicht.

    Und das ist aufgeflogen, und durch seine Lügerei vor dem Parlament und dem Volk musste er schlußendlich zurücktreten.

    Und dass sich jetzt angeblich Hunderttausende hinter ihn stellen zeigt MIR nur, wie uninformiert und leicht beeinflussbar ein scheinbar großer Teil unserer Bevölkerung ist.

    Ja, Guttenberg hat das Wort “Krieg” in den Mund genommen, und ja, er hat sich zumindest dahingehend um unsere Soldaten gekümmert, als dass er mit Kerne und Familie quasi eine Talkshow zum Afghanistan-Einsatz gemacht hat.

    Aber gute POLITISCHE ENTSCHEIDUNGEN, von denen sehe ich bisher nichts. Und die hat mir immer noch kein Guttenberg-Befürworter genannt, und das Argument die anderen sind noch schlimmer lasse ich einfach nicht gelten.

    Und somit bleibt meine Einschätzung der Lage, dass hier ein Teil der Bevölkerung BLIND einem Mann vertraut und ihn wie einen Popstar verehrt, der außer tollen Reden, gekonntem Auftreten und schönem Gesicht nicht viel zu bieten hat.

    Und das finde ich erschreckend und so hoffe ich, dass durch Guttenbergs Rücktritt die Menschen aufwachen und feststellen, dass sie bisher in ihm nur den Wunsch eines “besseren”, “anderem” Politiker gesehen haben, der er aber nicht wahr und den es so vermutlich auch nicht gibt.

    Andererseits sehe ich die Gefahr, dass sich aus der Pro-Guttenberg eine Art deutsche “Tea-Party”-Bewegung entwickeln könnte. Den die Verehrung von zuGuttenberg erinnert doch sehr an die Sympathien die eine gewisse Sarah Palin in Amerika für sich gewonnen hat ….

    Und eine deutsche Tea-Party, das kann ja wohl niemand ernsthaft befürworten …

  3. Sascha
    Sascha sagte:

    Btw, dass Umbrüche nur durch entsprechenden html-Code gehen und dass man sich seinen Kommentar nicht im Vorfeld anzeigen lassen kann empfinde ich als äußerst nervend und ich würde ihnen raten, dies bezüglich an ihrem Blog zu arbeiten…

    • Rolf Lohrmann
      Rolf Lohrmann sagte:

      @Sascha: Vielen Dank für Ihren Hinweis. Wir haben es gerade noch mal getestet und können den Fehler leider nicht reproduzieren. Mit Firefox und Safari läuft alles super. Umbrüche kein Problem. Und Sie können den Text solange beliebig ändern, bis Sie ihn abgeschickt haben. Dann natürlich nicht mehr 😉

  4. Volkhard Heigl
    Volkhard Heigl sagte:

    Zu Guttenberg wird bestimmt in die Politik zurückkommen, die absolute Ruhe um ihn jetzt spielt ihm doch in die Karten. Auch, wenn ich ihn nicht mag, könte man gegen einen Wiedereinstieg von ihm in die Politik wenig sagen. Da sind andere schon nach ganz anderen Affären zurückgekommen.

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